Vorbeugen – Erkennen – Reagieren
Risiken identifizieren und minimieren: Darum geht es bei dem Compliance Management System (CMS), das das Bistum Limburg aktuell einführt. „Mit dem Compliance Management System legen wir offen, wie sich das Bistum Limburg – angeregt durch die kritischen Diskussionen der vergangenen Jahre – entwickelt. Es geht darum, gravierende Risiken für das Bistum Limburg zu erkennen und geeignete Maßnahmen nachhaltig und transparent zu initiieren“, schreibt Bischof Georg Bätzing im Vorwort des ersten Complianceberichts 2022, den das Bistum Limburg nun veröffentlicht hat.
Die jährlichen Complianceberichte sollen erklären, wie die Diözese das CMS aufbaut und verbessert. Der erste Bericht befasst sich schwerpunktmäßig mit den Maßnahmen, die das Bistum Limburg auf Grundlage des Projektes „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ seit 2020 umsetzt, um künftig sexuellen Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbefohlenen zu verhindern und vorhandene Fälle bestmöglich aufzuarbeiten. „Mit dem Compliance Management System soll dieser Prozess der Umsetzung in eine dauerhafte und nachhaltige Verstetigung gebracht werden“, so Bätzing.
Befassungen des Interventionskreises im Jahr 2022
Das Bistum Limburg geht jedem Missbrauchsverdacht nach, auch Fällen, die nach staatlichem Recht als verjährt gelten sowie Vorgängen, die keinen strafrechtlichen Tatbestand haben. Bei Verdacht von Fällen sexualisierter Gewalt wird der Interventionskreis des Bistums Limburg einberufen. Dieser hat sich im Jahr 2022 mit neun Verdachtsfällen sexualisierter Gewalt befasst. Drei Verdachtsfälle richteten sich gegen zwei Kleriker, sechs Verdachtsfälle gegen Laien. Vier der neun Verdachtsfälle bezogen sich auf Kindertageseinrichtungen. Die Fälle, bei denen Anhaltspunkte für eine Straftat nach weltlichem Recht an Minderjährigen oder erwachsenen Schutzbefohlenen vorlagen, wurden an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Zum Redaktionsschluss des Berichts waren zwei Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kita-Beschäftigte noch nicht abgeschlossen.
Risikofaktoren und Maßnahmen
Der Compliancebericht 2022 benennt zudem Ursachen, die zu sexualisierter, physischer oder spiritueller Gewalt führen. Nach dem Bekanntwerden der MHG-Studie, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz von einer Forschungsgruppe der Universitäten Mannheim, Heidelberg und Gießen von 2014 bis 2018 durchgeführt wurde, hat das Bistum Limburg das Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern, Konsequenzen aus der MHG-Studie“ initiiert und im Folgezeitraum 2019 bis 2020 insgesamt 64 Maßnahmen entwickelt, um die systemischen Ursachen, die Missbrauch begünstigen, zu bekämpfen. Der Compliancebericht beschreibt bereits umgesetzte Maßnahmen und zeigt Restrisiken sowie Ziele für das Jahr 2023 auf.
Beim zusammenfassenden Implementierungsgrad der Maßnahmen zeigt sich, dass vor allem die Ordnungen zur Intervention, zur Prävention und zur Ausbildung am weitesten fortgeschritten sind und nur noch weniger Umsetzungsschritte im Jahr 2023 bedürfen. Einen mittleren Implementierungsgrad erreichte 2022 die Begleitung von Tätern und Beschuldigten. Hier stellte sich laut Bericht heraus, dass es sich schwierig gestaltet, geeignete Begleiter und Gutachter zu finden. Zudem sollen Wege gefunden werden, damit Täter und Beschuldigte bereit sind, Unterstützung anzunehmen.
Ausblick
Das Compliance Management soll zukünftig auf alle Bereiche des Bistums Limburg ausgeweitet werden, sodass auch diese regelmäßig im Compliancebericht erfasst werden. Dazu finden derzeit u.a. verschiedene Risikoworkshops im Bistum Limburg statt, die der Identifikation, Ursachenanalyse und Bewertung von Risiken dienen. Der vorgelegte Compliancebericht 2022 ist ein erster Bericht, dem in der Zukunft weitere Berichte folgen werden. Hierbei ist die Auswertung auf weitere Schwerpunkte vorgesehen.
Hintergrund:
Ein Compliance Management System (CMS) ist ein systematischer Ansatz, der die Einhaltung von Gesetzen, Vorschriften, Richtlinien und ethischen Standards in einer Organisation gewährleistet. Es handelt sich um einen Rahmen, der es Unternehmen ermöglicht, ihre Aktivitäten so zu organisieren, dass sie den geltenden rechtlichen und regulatorischen Anforderungen entsprechen.