Mit kleineren und größeren Mosaiksteinchen die Sensibilität stärken
1. Wie sind Sie an der Implementierung beteiligt?
Die Ergebnisse des MHG-Projektes beinhalten viele Punkte, die unmittelbar und auch mittelbar den Personalbereich betreffen. Dabei reagieren die Implementierungen aus dem MHG-Projekt zum einen auf unmittelbare Schwachstellen, wie z.B. bisher nicht vorhandene Standards der Führung der Personalakten der Priester. Die Bischofskonferenz hat hierzu im vergangenen Jahr eine Personalaktenordnung erlassen, die seit 1. Januar 2022 in allen Bistümern gültig ist und nach der auch wir nun verfahren. Daneben gibt es Implementierungen, die eine intensivere Begleitung von Priestern vorsehen und damit stärker auf eine Reflexion des eigenen Selbstverständnisses zielen. Kurse zur Reflexion des Dienstes gehören ebenso dazu wie auch eine kritische Sicht auf mögliche Privilegien, die bisher zu einer herausgehobenen Sicht des Priesters beigetragen haben könnten. Ein wichtiger Punkt ist die Ausbildungsordnung, die bereits viele Punkte in einer neuen Ordnung aufgegriffen hat und von Anfang an genau hinschaut.
Bei all dem ist zu sehen, dass es kleinere und größere Mosaiksteine sind, die die Grundhaltung einer Sensibilität für Missbrauch befördern sollen und werden. Durch eine Einzelmaßnahme mag noch nicht viel gewonnen sein, sicher aber durch mehrere Maßnahmen. Gleichzeitig ist ausgewogen zu schauen, dass Maßnahmen im Ganzen gerecht sind und hier z.B. eine Berufsgruppe nicht allein im Fokus steht. Verhinderung von Missbrauch und präventive Maßnahmen sind Aufgaben von allen im kirchlichen Dienst. Es muss eine Selbstverständlichkeit in allen Bereichen sein.
2. Welche Wirkungen haben die Ergebnisse für die Betroffenen?
Die neue Personalaktenordnung hat für die Betroffenen eine hohe Bedeutung, weil damit sichergestellt ist, dass Vorwürfe und Verurteilungen transparent und nachhaltig dokumentiert werden. Die Grundsensibilisierung für sexualisierte Gewalt und Grenzüberschreitungen ist in den letzten Jahren bereits gestiegen. Dass ein Vorgang im Zusammengang mit Missbrauch oder Grenzüberschreitung eventuell gar nicht erst aktenkundig wird, dürfte kaum noch vorkommen, da mittlerweile auch ein größerer Kreis von Personen beteiligt ist, wie beispielsweise der Interventionskreis. Insgesamt halte ich den Interventionskreis mit seinen verschiedenen Professionen für ein starkes Mittel, mit aktuellen Fällen von Missbrauch verantwortlich umzugehen und damit Betroffenen gerecht zu werden, die früher vielleicht erst gar nicht gehört wurden.
3. Welche Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen im Bistum erwarten Sie?
Nicht erst mit den Implementierungen aus dem MHG-Projekt ergeben sich Auswirkungen. Allein das MHG-Projekt als solches mit seinen Ergebnissen hat bereits zu einer höheren Sensibilität bei allen Mitarbeitenden beigetragen. Kritisch sehe ich, wenn das vertrauensvolle Arbeiten miteinander Schaden nimmt. Die Implementierungen sollen dazu beitragen, Missbrauch zu verhindern; sie sollen aber nicht zur Verhinderung von Vertrauen und guter pastoraler Arbeit führen. Da jeweils das richtige Maß zu finden, ist die Herausforderung für alle Mitarbeitenden.