Gemeindearbeit aus Kinderperspektive bewerten
Aktuell werden 64 Maßnahmen, die künftig sexuellen Missbrauch im Bistum Limburg verhindern sollen, umgesetzt. In der Interviewreihe "Werkstattgespräch" geben wir konkrete Einblicke in die Umsetzung und berichten über die Arbeit der Verantwortlichen an einzelnen Maßnahmen. Der aktuelle Stand der Umsetzung kann jederzeit hier eingesehen werden.
Inge Rocco ist Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Peter in Montabaur. Im MHG-Folgeprojekt begleitet sie die Maßnahme 1.6 „Gemeindearbeit aus Kinderperspektive bewerten“.
An welcher Maßnahme arbeiten Sie aktuell und in welchem Zusammenhang steht das mit Ihrer sonstigen Tätigkeit?
Mit einem Team arbeiten wir an der Maßnahme 1.6 „ Gemeindearbeit aus Kinderperspektive bewerten“. Wir möchten herausfinden, wie Kinder und Jugendliche in unserer Kirche noch mehr geschützt, gestärkt und beteiligt werden können. Kinder sind Expert*innen für sich selbst. Sie sind in der Lage, das Geschehen in ihrer direkten Umgebung, in ihrem eigenen sozialen Gefüge und auch in der Gemeindearbeit wahrzunehmen, zu bewerten und entsprechende Handlungsperspektiven mitzuentwickeln.
Die Frage, wie Kinderrechte in unserer Gemeindearbeit umgesetzt werden und wie Kirche für Kinder eine Schutz- und Schonraum sein kann, beschäftigt mich in meiner Arbeit als Pastoralreferentin in der Kinder- und Familienpastoral. In unseren acht Kitas und in unseren beiden Familienzentren bin ich als Kita-Seelsorgerin tätig, sowie auch in der religionspädagogischen Schulung und Begleitung von Ehrenamtlichen und pädagogischen Fachkräften.
Auf welche Herausforderungen stoßen Sie? / Und welche Lösungen finden Sie?
Als Team aus Pastoralen, Fachstellen, Jugendreferent*innen und Gruppenleiter*innen haben wir uns zuerst an eine Umfrage bei Kindern und Jugendlichen für unser Bistum gewagt. Einen digitalen Fragebogen haben wir erstellt und ihn sowohl über social media als auch über alle Kanäle der Pfarreien, des Bistums und über die zuständigen Dezernate gestreut. Dort, wo wir selbst tätig sind oder unsere Netzwerke es unterstützten, haben sich Kinder und Jugendliche beteiligt. Auch die Herausforderung sich auf einem wissenschaftlich fremden Terrain zu bewegen, konnten wir durch die Beteiligung einer Sozialwissenschaftlerin lösen und erste Tendenzen und Hinweise für Leitlinien in der kirchlichen Jugendarbeit aus der abgeschlossenen Umfrage auswerten. Es sind erste Schritte auf dem Weg zu regelmäßigen Kinderumfragen in unserem Bistum, um immer wieder die Wirkung der getroffenen Maßnahmen zum Schutz, Förderung und Beteiligung zu überprüfen.
Welche Effekte hat das Ergebnis für die Betroffenen?
An die institutionellen Schutzkonzepte anknüpfend gilt es Risiken und blinden Flecken aus Kindersicht zu erkennen und wie wir dafür Maßstäbe setzen und überprüfbar machen können. Kinder konnten zum Beispiel sehr genau in der Umfrage benennen, welche Orte in der Kirche sie ängstigen und wie diese verbessert werden können. Ein Gemeinde-Rundgang mit Kindern und Jugendlichen wäre ein Beispiel, um konkrete Verbesserungsvorschläge zu erhalten.
Alle Kinder mögen an Kirche, wo sie mit ihren Interessen, ihren Belangen vorkommen, sei es zum Beispiel als Sternsinger:innen, bei Freizeiten, in Jugendverbänden oder kinderfreundlichen Gottesdiensten. Es ist ihr Recht an Entscheidungen, die ihr tägliches Leben betreffen, beteiligt zu werden. In der Umfrage äußern Kinder zu einem großen Teil, dass sie die Art der Angebote, die Gestaltung der Jugendräume und auch die Zukunft der Pfarrei mitbestimmen möchten. Besonders die jüngsten Kinder, darunter die Mädchen haben einen erhöhten Bedarf an Partizipation und Mitwirkung.
Wir brauchen ein offenes Ohr und Herz für Kinder, um uns mit ihnen auf den Weg zur Realisierung der Kinderrechte zu machen.