FAQs
Hier finden Sie Fragen und Antworten rund um den Implementierungsprozess im Bistum Limburg.
Einblick in die Umsetzung
Was ist das MHG-Folgeprojekt?
Die sogenannte MHG-Studie war eine Studie zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz. Als Reaktion auf ihre Veröffentlichung im Jahr 2018 entschied sich das Bistum Limburg im April 2019 zu dem Folgeprojekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“. Auf Initiative des Diözesansynodalrates gaben deren Präsidentin Ingeborg Schillai und der Bischof von Limburg, Dr. Georg Bätzing, das Projekt in Auftrag, an dem 70 Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Professionen, Regionen und Betroffene von sexualisierter Gewalt von September 2019 bis Juni 2020 arbeiteten. Ihre Ergebnisse wurden am 13. Juni 2020 in der Paulskirche an die Auftraggeberin und den Auftraggeber übergeben.
Wer sind die 70 Expertinnen und Experten?
Für das Projekt „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ wurden 70 Expertinnen und Experten ausgewählt, die von September 2019 bis Juni 2020 das Bistumsprojekt durchführten. Die Gruppe war gemischt in Geschlecht und Profession. Rund die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammt nicht aus dem Bistum Limburg.
In neun Teilprojekten widmeten sich die Expertinnen und Experten über einen Zeitraum von neun Monaten (Sep. 2019 – Mai 2020) unterschiedlichen Fragestellungen, mit dem Ziel, Konzepte für das Bistum Limburg zu entwickeln, durch deren Umsetzung künftig Missbrauch verhindert werden kann bzw. eine ehrliche Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und ein respektvoller, anerkennender Umgang mit Betroffenen gewährleistet wird.
Was steckt hinter der Implementierung?
Während des Projektes „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ wurden ausführliche Unterlagen erstellt mit entsprechenden theologischen und kirchenrechtlichen Begründungen und Wegen. Weiter konkretisiert wurden sie durch den Implementierungsplan, in denen für jede Forderung die entsprechenden Ziele, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten dargelegt werden. Damit hat das Projekt nicht nur Forderungen erarbeitet, sondern zeigt auch ganz konkrete Wege zur Umsetzung dieser Maßnahmen auf.
Implementierung bedeutet übersetzt die Umsetzung eines zuvor geplanten Entwurfs. In Hinblick auf das MHG-Projekt sind es die 64 Maßnahmen aus dem Implementierungsplan, die vorgeben, was umgesetzt werden soll. Die daraus neu entstehenden Strukturen und Ordnungen sollen nachhaltig Missbrauch verhindern und Aufarbeitung fördern.
Wie ist die Priorität des Bistums für die Umsetzung der Maßnahmen?
Das Bistum hat es sich zum Ziel gesetzt, innerhalb von drei Jahren (bis zum Oktober 2023) die Maßnahmen aus dem MHG-Projekt umzusetzen. Dafür werden alle zeitlichen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung gestellt, die benötigt werden. Bischof und Generalvikar stellen dabei sicher, dass alle Maßnahmen zur Umsetzung von den Verantwortlichen als Priorität zu behandeln sind. Den Stellenwert zeigt auch die Veranstaltung zur Übergabe der Projektergebnisse im Juni 2020.
Wie und wann passiert die Umsetzung?
Im Herbst 2020 wurde DDr. Caspar Söling vom Bischof mit der Umsetzung der Maßnahmen betraut und zum Bischöflichen Beauftragten ernannt. Er hat die Aufgabe, innerhalb von drei Jahren die Maßnahmen im Bistum Limburg zu implementieren. Dabei ist er dem Bischof, dem Diözesansynodalrat und der Unabhängigen Kommission gegenüber berichtspflichtig und kann auf die Ressourcen des Bischöflichen Ordinariats zurückgreifen.
Zum 1. Januar 2021 konnte die konkrete Umsetzungsphase gestartet werden, jede Maßnahme hatte dabei einen eigenen Zeitplan für die Umsetzung. Diese können in den Roadmaps eingesehen werden.
Die Implementierungsphase wurde 2023 abgeschlossen. Die neuen Strukturen, Ordnungen und kulturprägenden Elemente gehen nun in den Regelbetrieb über.
Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung?
Für die Kommunikation des aktuellen Implementierungsstands wurde quartalsweise ein Statusbericht erstellt. Dieser wurde auf der Homepage veröffentlicht und zeigte mit einem einfachen Ampelsystem in grün, gelb und rot den aktuellen Stand der Umsetzung. Er verdeutlichte das Vorankommen der jeweiligen Implementierungen bzw. Problematiken. Durch die jeweiligen Kommentare wurde transparent aufgezeigt, wieso der Status Quo gelb oder rot ist.
Alle Quartalsberichte finden Sie hier unter dem Punkt "Aktueller Stand".
Was sind Roadmaps?
Alle Maßnahmen wurden entsprechend der Zuständigkeiten in Dezernate zugeordnet. Start und Ende der jeweiligen Implementierung sind darin festgelegt. Ebenso sind die Implementierungsverantwortlichen festgelegt, die konkret mit der Umsetzung betraut sind.
Sie tragen Verantwortung über die Ziele und inhaltlichen Aufgaben. Aufgabe ist auch die regelmäßige Berichterstattung gegenüber dem Bischöflichen Beauftragten, auf der die Quartalsberichte aufgebaut sind. Die Roadmaps finden Sie hier.
Was ist ein Implementierungsauftrag?
Damit so viele Maßnahmen koordiniert und zeitnah umgesetzt werden können, wird ein Auftrag zwischen dem/der Verantwortlichen und dem Bischöflichen Beauftragten erstellt. Um zu garantieren, dass alle Rahmenbedingungen für die Umsetzung passen, wird darin festgehalten, welche konkreten Schritte zu gehen sind, wo die Maßnahmen beraten und entschieden werden müssen, ob die finanziellen Mittel geklärt sind und weitere Absprachen. Anhand des Implementierungsauftrags kann die Arbeitsgruppe dann in die Arbeit der Umsetzung starten.
Wie wird die Qualität der Erarbeitungen sichergestellt?
Während der Umsetzungszeit ist im Implementierungsauftrag eine Qualitätsprüfung vorgesehen, bevor über die Ergebnisse (Konzept, Ordnung, neue Struktur) entschieden wird. Diese Prüfung über die Qualität wird durch Personen der 70 Expertinnen und Experten durchgeführt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass nach der Umsetzung die Ziele und Themen aus dem MHG-Folgeprojekt umgesetzt wurden. Ebenso erfolgt eine Beratung in der Unabhängigen Kommission, die den kompletten Implementierungsprozess kritisch begleitet. Einige Maßnahmen werden gemäß der Satzung des Betroffenenbeirates auch diesem Gremium vorgelegt.
Ist die Nachhaltigkeit gesichert und wie wird diese überprüft?
Die Nachhaltigkeit wird auf zwei Weisen gesichert. Zum einen wird die Unabhängige Kommission den Prozess der Umsetzung der 64 Maßnahmen genau überprüfen. Ferner arbeiten wir an einer Art „Compliancebericht“. Er wird jährliche Auswertungen enthalten über die Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen und ggf. notwendige Änderungen oder Verbesserungen deutlich machen. Auch er wird öffentlich zugänglich sein.
Was wird dafür getan, dass Haltungsänderungen bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Priestern stattfinden?
Immer wieder wurde und wird von einem Kulturwandel gesprochen. Er findet, was den Blick auf die Maßnahmen bezieht, auf ganz unterschiedlichen Ebenen statt, unter anderem in diesen Bereichen: Im Bereich der Seelsorge gibt es Schulungen, die die Kommunikation mit Betroffenen anhand von Leitlinien verbessern bzw. ermöglichen sollen. Es wird an QR-Codes gearbeitet, die flächendeckend ausgehängt werden sollen und eine niederschwellige Möglichkeit bieten, Hilfe gegen alle Formen von Gewalt zu erhalten. Für Orte, an denen es zu Missbrauchsvorfällen gekommen ist, werden Aufarbeitungsworkshops angeboten. Wichtig ist eine Haltung, die die Kinderrechte stärker beachtet. Deshalb wird es hierzu eine eigene Befragung geben. Eine veränderte Einstellung wird durch ein offizielles sexualpädagogisches Konzept des Bistums Limburg dokumentiert und anschließend in einem eigenen Projekt multipliziert.
Daran sieht man: Die Umsetzung der MHG-Projektergebnisse ist ein Prozess, der immer mehr das Bistumsleben auf allen Ebenen durchdringt.
Wie und wo werden Mitarbeitende geschult und sensibilisiert?
Aktuell wird hauptsächlich über den Prozess und die Erarbeitung der Maßnahmen informiert. Monatlich gibt es über den Newsletter des Bistums einen Einblick, in dem Roadmap- und Implementierungsverantwortliche berichten, woran sie arbeiten, was Inhalt ihrer Maßnahme ist und welche Wirkung die Umsetzung dieser haben wird.
Das wird sich im Laufe des Jahres ändern. In manchen Aufträgen sind Schulungen für Mitarbeitende des Bistums vorgesehen, teilweise fand dies bereits statt, wenn die Ergebnisse der Umsetzung eine Auswirkung auf die Arbeit haben.
Einblick in die Themen und Maßnahmen
Was beinhaltet die Maßnahme Spiritueller Missbrauch verhindern?
Was macht die Fachkraft für Kommunikation?
Was passiert im Bereich Sexualpädagogik?
Was versteht man unter „Erzählräume“ bei der Maßnahmenumsetzung?
Unter dem Begriff „Erzählräume“ werden unterschiedliche Formate verstanden, die dem Verschweigen und der Tabuisieren von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch entgegenwirken. Die Verletzungen und der Missbrauch sollen dadurch zur Sprache gebracht werden. In der entsprechenden Maßnahme geht es um die Entwicklung von drei exemplarischen Veranstaltungen.
Wieso ist eine neue Ausbildungsordnung Teil von der Implementierung?
Aus dem MHG-Projekt resultierten acht Maßnahmen, die sich mit der Neukonzeption der Seminarausbildung der Priesterkandidaten bzw. der Erarbeitung einer neuen Ausbildungsordnung für alle pastoralen Berufsgruppen beschäftigen. Regens Dr. May erläutert in seinem Interview zur Frage „Welche Effekte hat das Ergebnis für die Betroffenen?“ anschaulich, wieso die neue Ordnung ein wichtiger Schritt ist.
Verändert sich die Stellung eines Pfarrers?
Kirchenrechtlich ändert sich die Stellung des Pfarrers nicht, allerdings organisatorisch. Immer mehr geht es darum, dass die Arbeit der Pfarrer eingebunden ist in eine Leitung im Team. Das ist schon heute überwiegend der Fall und wird sich weiter intensivieren. Gleichzeitig arbeiten wir an einer Stärkung der Personalverantwortung für die Pfarrer. Dazu sollen Bischof und Personaldezernent durch Pfarrer-Referent:innen unterstützt werden, die regelmäßig im Auftrag des Bischofs Personalgespräche mit den Pfarrern führen werden.
Wie soll zukünftig Machtmissbrauch verhindert werden?
Die wesentlichen Ursachen von sexuellem Missbrauch liegen im Missbrauch von Macht. Deshalb wurde hier im Rahmen des Projektes „Betroffene hören – Missbrauch verhindern“ ein besonderer Akzent gelegt, der alle Bereiche von der Pfarrei bis zum Bischof umfasst. Die wichtigsten Eckpunkte sind:
- Macht soll nicht mehr allein ausgeübt werden, sondern in einem Team eingebunden sein
- Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sollen klar dokumentiert sein, damit auch klar zur Rechenschaft gezogen werden kann
- Auf allen Ebenen soll es klare Aufsichtsstrukturen geben mit einer entsprechenden Gewaltenunterscheidung
- Die Personalführung soll so organisiert sein, dass sie auch regelmäßig stattfinden kann. Dies beinhaltet mindestens jährliche Personalgespräche sowie Supervisionsgespräche.
- Männerbündische Strukturen werden aufgehoben.
Was ist neu an der überarbeiteten Interventionsordnung?
Ohne alle Änderungen aufzählen zu können, ist an erster Stelle auf die weiter konkretisierten Hilfen unterschiedlicher Art für Betroffene und deren Angehörige hinzuweisen, die in der Ordnung auch in einem eigenen Abschnitt zusammengeführt werden. Weitere substantielle Änderungen betreffen die Zusammensetzung des Interventionskreises und die Aufgabenstellung des Beraterstabes, der faktisch in die Lage versetzt wird, das Tun des Interventionskreises kritisch in den Blick zu nehmen. Zusammengefasst ging es bei der Überarbeitung der Interventionsordnung darum, die Interessen von Betroffenen noch deutlicher herauszustellen und mögliche Sorgen vor einem Sich-Einlassen auf das kirchliche Interventionsgeschehen zu minimieren.
Weitere wichtige Fragen
Wie ist die Verbindung zum Transformationsprozess?
Insgesamt werden 12 Maßnahmen in Verantwortung des Transformationsprozesses umgesetzt. Hauptsächlich betreffen diese die Struktur und Arbeitsorganisation des Bischöflichen Ordinariats und die Gremienarbeit bzw. -zusammensetzung im Bistum. Während des Transformationsprogrammes 2021 wurde in den beiden Handlungsfeldern „BO Organisation“ und „Kuriale und synodale Entscheidungsgremien“ mitgearbeitet. Kontinuierlich werden die Fortschritte des Transformationsprozesses mit den I-MHG-Kriterien abgeglichen. Weitere Informationen zu Transformation finden Sie auf der Webseite des Transformationsprozesses.
Was macht die Unabhängige Kommission?
Die Unabhängige Kommission nimmt ihre Aufgabe entsprechend der „Gemeinsame Erklärung über verbindliche Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ wahr. Die Unabhängige Kommission soll eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung sicherstellen. Sie wird die bisherigen Erarbeitungen überprüfen und ggf. neue Aufträge erteilen. Im Bistum Limburg ist eine zentrale Aufgabe die kritische Begleitung und Überprüfung des Implementierungsprozesses. Die Unabhängige Kommission des Bistums Limburg besteht aus neun Mitgliedern und hat sich im Januar 2022 konstituiert.
Was ist der Betroffenenbeirat?
Der Betroffenenbeirat nimmt die Interessen und Perspektiven von Betroffenen der beteiligten Bistümer wahr. Der Beirat setzt sich mit den bereits vorliegenden Konzepten im gegenständlichen Themenfeld kritisch auseinander. Die Bistümer Fulda und Limburg haben einen gemeinsamen Betroffenenbeirat eingerichtet.