Die Zukunft im Blick
Aktuell werden 64 Maßnahmen, die künftig sexuellen Missbrauch im Bistum Limburg verhindern sollen, umgesetzt. In der Interviewreihe „Nachgefragt“ geben wir konkrete Einblicke in die Umsetzung und berichten über die Arbeit der Verantwortlichen an einzelnen Maßnahmen. Der aktuelle Stand der Umsetzung kann jederzeit hier eingesehen werden.
1. Wie sind Sie an der Implementierung beteiligt?
Aus der Roadmap sind fünf Aufgaben meinem Verantwortungsbereich, dem Dezernat Kinder, Jugend und Familie, zugeordnet. Dabei haben nicht alle Aufgaben in dem MHG Projekt allein ihren Ursprung, sondern sind z.T. schon länger in Arbeit. Die Arbeit an der Gleichstellungsordnung (2.2.3) ist eine Maßnahme, die von der Projektgruppe „Frauen und Kirche“, die der Diözesansynodalrat in seiner letzten Amtszeit initiiert hat, auf den Weg gebracht worden ist und ein erster Entwurf konnte schon im letzten Jahr beraten werden. Für den Sommer ist der Beschluss der überarbeiteten Fassung der Gleichstellungsordnung vorgesehen und die Einrichtung der Stelle einer Gleichstellungsbeauftragung ist im Anschluss dafür vorgesehen. In diesem Jahr hat die Arbeit an dem Thema Sexualpädagogische Kompetenz in der Pastoral begonnen (2.5.1), die Verbesserung der Sexualpädagogik für Kinder und Jugendliche (2.5.2) schließt daran nächstes Jahr an. Das Thema Gemeindearbeit aus Kinderperspektive bewerten (1.6) wird als MHG Maßnahme erst 2022 starten; die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist aber natürlich eine Perspektive, die in unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und insbesondere in der Jugendverbandsarbeit schon immer einen hohen Stellenwert hat.
2. Welche Wirkungen haben die Ergebnisse für die Betroffenen?
Insbesondere die Vertuschung von Missbrauch kam dadurch zustande, dass es geschlossene Männerkreise gab. Die Gleichstellungsordnung ist ein wichtiger Baustein, diese einseitigen Konstellationen zu verhindern. Ein zweiter wesentlicher Faktor bestand und besteht darin, dass die Bedürfnisse, Dynamiken und Grenzen menschlicher Sexualität insbesondere in kirchlichen Kreisen tabuisiert wurden. Nun arbeiten wir an einem umfassenderen Verständnis von Sexualität und daran, wie diese Themen angemessen kommuniziert werden können. Das ist immer eine Gradwanderung. Gerade weil wir heute in einer auf der Bildebene sexualisierten Gesellschaft leben, ist es wichtig, die Beziehungsdimension der Sexualität herauszustellen. Damit wird auch schneller erkennbar, wo diese Dimension verlassen wird und der Missbrauch beginnt. Alle diese Themen nehmen die Zukunft in den Blick; das ist meines Erachtens eine wichtige Perspektive, da wir damit zum Ausdruck bringen, dass Missbrauch nicht allein ein Thema der Aufarbeitung der Vergangenheit ist.
3. Welche Auswirkungen auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bistum erwarten Sie?
Alle Beteiligten in der Kinder- und Jugendarbeit unterstützen junge Menschen auf ihrem Weg; die Ergebnisse der MHG Studie haben uns gezeigt, dass das Themenspektrum sich dabei z.B. um sexualpädagogische Perspektiven erweitern muss, um Kinder und Jugendliche stark zu machen. Die Gleichstellungsordnung und die zugrunde liegende Analyse sensibilisiert alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Machtkonstellationen in den eigenen Strukturen und verpflichtet uns zu konkreten Maßnahmen, um diese in Zukunft geschlechtergerechter zu gestalten. Es freut mich sehr, dass wir diesen Schritt der Selbstverpflichtung gehen. Es ist auch vorgesehen, dass es ein paritätisch besetztes Gleichstellungsteam geben wird und damit konkrete Ansprechpartnerinnen und -partner für alle Kolleginnen und Kollegen. Die Frage, wie ein solches Team besetzt wird und das Gespräch um Doppelspitzen fördert die Auseinandersetzung mit dem Thema Leitungsverantwortung, die auf allen Ebenen wichtig ist.