Sexueller Missbrauch – was ist das?
Sexueller Missbrauch ist ein schwerwiegendes Verbrechen. Sexueller Missbrauch geschieht dann, wenn Menschen zur eigenen sexuellen Befriedigung ausgenutzt werden und dabei ganz bewusst Macht ausgeübt wird. Die sexuelle Intimsphäre eines Menschen wird von jemandem, der emotional, körperlich oder spirituell Einfluss oder Macht über diesen Menschen ausübt, überschritten bzw. nicht respektiert.
Die Informationen auf dieser Seite beziehen sich besonders auf das Thema sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und erwachsene Schutzbefohlene. Aufgrund ihrer kognitiven und emotionalen Entwicklung sind sie besonders schutzbedürftig und gefährdet, Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden.
WAS IST SEXUELLER MISSBRAUCH?
„Als sexuelle Ausbeutung wird jede sexuelle Handlung eines Erwachsenen/eines Jugendlichen an einem Mädchen oder Jungen gesehen, welches/welcher aufgrund seiner emotionalen oder kognitiven Entwicklung nicht in der Lage ist, der Handlung frei zuzustimmen. Das betroffene Kind wird unter Ausnutzung seiner gegebenen Abhängigkeits- und Vertrauensbeziehung zum Objekt der Befriedigung sexueller und aggressiver Bedürfnisse des handelnden Erwachsenen oder älteren Jugendlichen. Hierbei geht es nicht in erster Linie um die Befriedigung sexueller Bedürfnisse, sondern um das Ausleben von Macht-, Dominanz- und Überlegenheitsansprüchen. Ein zentrales Moment sexueller Ausbeutung und Gewalt ist die Verpflichtung zur Geheimhaltung. Sie verurteilt das Kind zur Sprachlosigkeit, Wehrlosigkeit und Hilflosigkeit.“
(Arbeitsgemeinschaft zum Schutz von Kindern vor Gewalt, Vernachlässigung und sexueller Ausbeutung, Frankfurt, Oktober 1997)
KINDER KÖNNEN NIEMALS ZUSTIMMEN!
Kinder haben eine eigene kindliche Sexualität. Sie können aufgrund ihres Entwicklungsstandes nicht wissen, was Erwachsene mit ihren Handlungen bezwecken; erst recht können sie solchen Handlungen nicht zustimmen oder damit auch nur einverstanden sein. Stets nutzt die ältere Person die körperliche und geistige Unterlegenheit des jüngeren Menschen aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes oder des Jugendlichen zu befriedigen. Die Verantwortung für Handlungen und Straftaten in diesem Bereich liegt immer beim Erwachsenen und nie beim Kind.
AUSWEGLOSE SITUATION
Sexualisierte Gewalt beeinträchtigt die Entwicklung der Minderjährigen und schädigt sie als Person. Das Kind oder der/die Schutzbefohlene wird durch das Vorgehen der Täter/innen in eine furchtbare Situation gebracht: Das Kind oder der/die Schutzbefohlene will sein Zutrauen zu dem geschätzten erwachsenen Menschen nicht verlieren; es will auch weiterhin Anerkennung und Zuwendung bekommen: Übergriffe werden unter Umständen erduldet, das Leid wird nicht benannt. Die Isolierungsstrategien und Einschüchterungen der Täter/innen lassen das Opfer befürchten, dass ihm niemand glauben würde, wenn es die Taten zur Sprache bringt. Die Opfer können durch sexualisierte Gewalt schwere seelische Verletzungen (Traumatisierungen) erleiden.
PFLICHT ZUM HINSCHAUEN
Wer im eigenen Umfeld den Verdacht hat, dass sexualisierte Gewalt oder sexueller Missbrauch gegenüber Kindern, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen ausgeübt werden, sollte dieser immer nachgehen. Auch, wenn es sich nur um eine Vermutung handelt, holen Sie sich Unterstützung bei den entsprechenden Beratungsstellen.
Wer bemerkt, dass jemand sexuelle Übergriffe auf Kinder, Jugendliche oder erwachsene Schutzbefohlene verübt, und wer das zu ignorieren versucht oder toleriert, macht sich sozusagen zum Mittäter oder zur Mittäterin.
Die Täterinnen und Täter suchen sich ihre Opfer in der Regel sehr gezielt aus und gehen überaus gezielt vor. Sie testen die Reaktionen des Opfers und der Umgebung. Sie verschleiern ihr Handeln, um sicher zu sein, dass das Umfeld nicht bemerkt, was sie vorhaben oder tun. Es kommt ihnen entgegen, wenn das Umfeld sich gegenüber sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch indifferent verhält und dadurch ihr Vorgehen ignoriert oder sogar toleriert.
Sollte sich eine Vermutung konkretisieren und sich Hinweise auf einen eventuellen Missbrauch ergeben, so spricht man von Verdacht. In einem solchen Fall sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst nach den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz verpflichtet, dies den zuständigen Beauftragten des Bistums zu melden.
BEDEUTUNG DES UMFELDES
Die Struktur des Umfeldes spielt eine entscheidende Rolle: Es braucht ein offenes, waches System mit klaren Regeln. Ein Umfeld, in dem ein mit hohem Ansehen und mit Autorität ausgestatteter Erwachsener ohne Kontrolle durch Andere den Alltag eines Kindes, Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen stark bestimmt, kann sexualisierte Gewalt und sexuellen Missbrauch begünstigen.
Zudem fördern bestimmte institutionelle Strukturen das Handeln der Täterinnen und Täter, um die Weiterleitung von Informationen zu kontrollieren (z. B. in geschlossenen Systemen wie Internaten oder Heimen).
KÖRPERLICHE UND SEELISCHE FOLGEN FÜR DIE OPFER
Wer ein Kind, einen Jugendlichen oder erwachsenen Schutzbefohlenen zur Befriedigung der eigenen sexuellen Bedürfnisse ausnutzt, fügt ihr oder ihm nicht nur körperliche, sondern auch schwere seelische Verletzungen zu.
Wie stark diese Verletzungen sind, hängt unter anderem davon ab,
- welche Handlungen verlangt oder vollzogen werden
- wie oft der Missbrauch stattfindet
- wie massiv eingeschüchtert wird, um Widerstand und Hilfe zu verhindern
- wie eng der Täter oder die Täterin die Beziehung gestaltet
- welche psychosozialen Konsequenzen die Taten verursachen (z. B.: Schwangerschaften, Infektionen mit Geschlechtskrankheiten wie HIV)
- wie schnell adäquate Hilfen angeboten und umgesetzt werden können
- wie jung das Opfer zu Beginn der Übergriffe war
- wie lange die Taten sich wiederholten.